Freimaurerei und Kirchen - Freimaurer Husum

 

Freimaurerei und Kirchen

Der Freimaurerbund zwingt seine Mitglieder nicht in eine bestimmte Lehre und baut nicht auf Dogmen auf. Jedes Mitglied ist frei in seiner Religion und in seiner Auslegung der Symbolik. Insofern ist der Bund auch keine Sekte, Kirche oder gar Ersatzkirche.

Der Freimaurerorden (FO) Deutschland hat „christliches Denken“ zur Grundlage. Dieses „christliche Denken“ umfasst den Glauben an Gott und die Verpflichtung zur Nächstenliebe, wie sie von Jesus Christus postuliert, gelehrt und vorgelebt wurde.

Zwischen Kirche und Freimaurerei bestand seit dem 18. Jahrhundert eine fast unüberbrückbare Kluft. Die Freimaurerei sah sich von Anfang an Argwohn, Behinderungen und Verfolgungen ausgesetzt. Schon vor der ersten päpstlichen Bulle waren Veröffentlichungen erschienen, die sich scharf gegen die Freimaurerei und Geheimgesellschaften wandten.

In diesem Klima des Misstrauens und der Ablehnung befasste sich das Heilige Offizium im Sommer 1737 mit der Freimaurerfrage. Schließlich erließ Papst Clemens XII. am 28. April 1738 die Bulle „In eminenti apostolatus specula“ zur Verurteilung der Freimaurerei.

„Durch allgemeines Gerücht haben Wir vernommen, dass gewisse Gesellschaften, Vereinigungen, Bünde, Verbindungen und Konventikel, allgemein Liberi Muratori oder Francs Massons oder in anderen Sprachen auch anders genannt, in denen sich Menschen aller Religionen und Sekten, wenn sie sich nur einer natürlichen Rechtschaffenheit und Wohlanständigkeit befleißigen, untereinander durch einen ebenso engen wie undurchsichtigen Pakt verbinden, Gesetze und Statuten beobachtend, die sie sich selbst geschaffen haben, und in denen sie sich durch einen Eid auf die Bibel und unter Androhung der schwersten Strafen verpflichten, unverbrüchliches Stillschweigen über alles, was sie tun, zu bewahren, weit verbreitet sind und sich mit jedem Tag mehr ausweiten. Da aber das Verbrechen so beschaffen ist, dass es sich selbst verrät, und durch das Zetergeschrei, das es erhebt, entlarvt, haben die oben genannten Gesellschaften oder Winkelversammlungen bei den Gläubigen einen so starken Verdacht erregt, dass ein rechtschaffener und kluger Mensch sich diesen Gesellschaften nicht anschließen kann, ohne sich mit dem Makel der Perversion und des Bösen zu beflecken; denn würden sie nicht Böses tun, so hätten sie das Licht nicht zu scheuen.“ (zit. nach Charles von Bokor, Winkelmaß und Zirkel. Die Geschichte der Freimaurer, S. 131 ff.)

Die Rechtfertigung dieser Verurteilung:

  • Der Papst (Clemens XII.) befürchtet, dass sich aus der Gesinnung der Freimaurerei, die unterschiedslos Menschen aller Religionen anerkennt, ein religiöser Indifferentismus ergeben könnte.
  • Der Papst ist darüber beunruhigt, dass sich die Freimaurer durch einen Eid verpflichten, strengste Geheimhaltung zu bewahren. Gesellschaften mit geheimen Ritualen, Erkennungszeichen und Mitgliederlisten waren für absolutistische Fürsten jeder Konfession nicht akzeptierbar.
  • Ist die Freimaurerei auch aus anderen nicht konkret angeführten Gründen, die der Papst kennt, aber verschweigt, zu verurteilen. (Über diesen dritten Verurteilungsgrund ist bis heute in der Forschung gerätselt worden.)

Schon 1735, drei Jahre vor der ersten päpstlichen Bulle, wurde in den nichtkatholischen Gebieten Holland und Friesland die Freimaurerei verboten. Die Niederländische Republik befürchtete damals, da der Logengroßmeister gleichzeitig auch Schatzmeister des Prinzen von Oranien war, eine Rückkehr der Oranier in das Stadthalteramt. 1740 wurden auch in Schweden vom protestantischen König die Freimaurer-Zusammenkünfte sogar mit Androhung der Todesstrafe verboten. 1782 sandte Joseph de Maistre anlässlich des Konvents von Wilhelmsbad an den Herzog von Braunschweig ein „Mémoiré“, in dem er die vollständige Übereinstimmung der freimaurerischen Esoterik mit der christlichen Lehre bestätigt. Auf diesem Konvent gaben die Freimaurer zur Frage des Verhältnisses zwischen Freimaurerei und christlicher Religion folgende Erklärung ab: „Wir haben beschlossen ... dass der einzige Zweck unserer Gemeinschaft, wie der ihrer Mitglieder ist, sich der Menschheit empfehlenswert und nützlich zu machen durch die aufrichtigste Zuneigung zu den Lehren, Pflichten und Übungen unserer Heiligen Christlichen Religion, durch unsere Unterwerfung und den Gehorsam gegenüber der Obrigkeit und den Gesetzen unseres jeweiligen Vaterlandes, durch eine aufgeklärte und allgemeine Wohltätigkeit im weitesten Sinne, durch eine fortdauernde Ausübung aller religiösen, moralischen, vaterländischen und sozialen Tugenden (zit. nach Michel Dierickx, Freimaurerei, die große Unbekannte, S. 74).

Diese Regeln, die der Konvent bestätigte, weisen auf den engen Zusammenhang zwischen Christentum und Freimaurerei hin, wenngleich diese keine Religion war und ist, daher der Kirche auch keine Konkurrenz machen wollte und will. Auf praktischethischem Gebiet ergänzte sie sogar mit ihrer Einstellung die Religion. Im 19. Jahrhundert stellten sich dann Kirche und Freimaurerei zum offenen Kampf, der allerdings von Seiten der masonischen Gemeinschaft eher als Reaktion auf kirchliche Angriffe eingeschätzt werden muss.

Die freimaurerische Toleranz in der Religion

Intoleranz, Antipathie und engstirniger Dogmatismus herrschten auch in der protestantischen Orthodoxie vor, gegen die schon Lessing polemisiert hatte. Auf der anderen Seite finden sich in den Freimaurerlogen auch zahlreiche evangelische Christen. Das Verhältnis der evangelischen Kirche zur Freimaurerei war entscheidend beeinflusst von der Mitgliedschaft evangelischer Geistlicher in den Logen, die jedoch vorwiegend Anhänger der Aufklärungstheologie waren. Die evangelischen Kirchen betrachten die Religion, in der alle Menschen im freimaurerischen Sinne übereinstimmen, als Ergebnis deistischen Vernunftglaubens. Nach ihrer Überzeugung darf die freimaurerische Humanität aber nicht mit jener des Neuen Testaments verwechselt werden, die allein der Gnade des dreieinigen Gottes entspringt.

Die freimaurerische Toleranz in Glaubensfragen wurde kirchlicherseits schon sehr früh als Bedrohung angesehen und brachte die Freimaurerei nach ihrer Ausbreitung in einen schroffen Gegensatz zum Totalitätsanspruch der Kirche und im 20. Jahrhundert auch zum Fundamentalismus. Verbot und Verfolgung waren die Folgen. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ließ sich die Kirche auf einen Dialog mit allen Menschen guten Willens ein, und so ergriff sie auch gegenüber der Freimaurerei die Initiative. 1970 wurde eine offizielle Dialog-Kommission gebildet, die gemischt besetzt war und als Ergebnis ihrer Gespräche eine gemeinsame Erklärung herausgab. Am Schluss dieser so genannten „Lichtenauer Erklärung“ stand: „Wir sind der Auffassung, dass die päpstlichen Bullen, die sich mit der Freimaurerei befassen, nur noch eine geschichtliche Bedeutung haben und nicht mehr in unserer Zeit stehen.“

Der Heilige Stuhl reagierte auf solche Aussagen sehr vorsichtig, wie aus einem Brief des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Seper, hervorging, der feststellte, dass die bisher geltenden allgemeinen Gesetze so lange in Kraft bleiben müssten, bis von der zuständigen päpstlichen Kommission für die Reform des kirchlichen Gesetzbuches ein neues kirchliches Gesetz veröffentlicht werde. Im Zuge der angedeuteten Prüfung kam es in Deutschland im November 1974 zu einem neuen Dialog auf nationaler Ebene zwischen der katholischen Bischofskonferenz und den Vereinigten Großlogen von Deutschland. Ohne Schlussabstimmung mit ihren freimaurerischen Gesprächspartnern gab die Bischofskonferenz eine „Erklärung“ zum Verhältnis zwischen Freimaurerei und katholischer Kirche ab: „...Eingehende Untersuchungen der freimaurerischen Ritualien und Grundüberlegungen wie auch ihres heutigen unveränderten Selbstverständnisses machen deutlich: Die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei ist unvereinbar!“

Diese „Unvereinbarkeitserklärung“ führte bei den Freimaurern zu enttäuschten Reaktionen, zumal schon zuvor die Bischofskonferenzen in Skandinavien, Großbritannien und in den Niederlanden die Vereinbarkeit anerkannt hatten. Die Vereinigten Großlogen von Deutschland brachten in einer offiziellen Erklärung ihr Bedauern zum Ausdruck, dass der mit der katholischen Bischofskonferenz geführte Dialog mit dieser einseitigen Erklärung beendet wurde.

Sorgte 1980 die „Unvereinbarkeitserklärung“ für enttäuschte Hoffnungen, so gab der Vatikan 1981 Anlass zu neuen Spekulationen. Die „Kongregation für die Glaubenslehre“ gab 1981 eine Erklärung ab, in der neuerlich betont wurde, Mitglieder von Vereinigungen der Freimaurer würden nach katholischem Recht exkommuniziert. Die frühere Stellungnahme der Kongregation aus dem Jahre 1974 sei vielfach tendenziös und falsch interpretiert worden. Nach katholischem Recht sei Katholiken nach wie vor unter Androhung des Kirchenbanns verboten, Mitglied einer Freimaurer- Organisation zu sein. In der Öffentlichkeit wurde diese Erklärung als ein klares Abrücken vom Zweiten Vatikanischen Konzil verstanden. Neue Hoffnung kam 1983 auf, als der völlig neu gefasste und geordnete „Codex Juris Canonici“ erschien. Darin ist von Freimaurern wörtlich nicht mehr die Rede, und mit Exkommunikation wird nur mehr der bedroht, der „kirchenfeindlichen Vereinigungen“ angehört. Eine „automatische“ Exkommunikation von Freimaurern gibt es nicht mehr. Allerdings haben die nationalen Bischofskonferenzen die Möglichkeit, freimaurerische Körperschaften zu „kirchenfeindlichen Institutionen“ erklären zu können. Die Reaktion der Gesamtvertretung der Freimaurer in Deutschland war jedoch abwartend und zurückhaltend, weil erst die Praxis zeigen werde, wieweit in der Bundesrepublik neben das konfessionsübergreifende Toleranzgebot der Freimaurer die Chance einer konfliktfreien Glaubensausübung für katholische Freimaurer tritt.